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USA 2016

Durch Canyons nach Montrose

Landschaftlich war die heutige Etappe wieder ein Traum. Wäre da nur nicht dieser Gegenwind
Landschaftlich war die heutige Etappe wieder ein Traum. Wäre da nur nicht dieser Gegenwind

Obwohl die heutige Etappe recht kurz war, fühlte sie sich endlos an. Der Wind hat mich mal wieder einige Nerven gekostet. Zum Glück waren immerhin die Ausblicke schön.

Unterkunftssuche beim Frühstück

Als ich heute morgen aufstand, war mein Host Brian bereits wieder fleißig. Ich machte mich also ganz in Ruhe in seinem Haus fertig und machte mir Frühstück. Während ich meine Energiereserven für den Tag mit Oatmeal füllte, guckte ich noch einmal auf Warmshowers. Nach der gestrigen Passüberquerung war mir heute nicht nach ganz so vielen Kilometern, besonders mit Blick auf die Windrichtung. Ich entschied mich also, heute nur 100 Kilometer bis nach Montrose zu fahren. Anstiege würde es trotzdem einige geben. Und tatsächlich konnte ich mir noch beim Frühstück eine Unterkunft an meinem heutigen Zielort organisieren. Mit Ausblick auf ein warmes Bett konnte es losgehen. Noch schnell bei Brian in der Werkstatt vorbeigeschaut, um mich zu verabschieden, und wieder ab in den Sattel.

Durch die Curecanti National Recreation Area

Nur wenige Kilometer hinter Gunnison machte die Straße plötzlich Kurven, um sich zwischen den hohen Felswänden am Gunnison River entlang zu schlängeln. Ein wahnsinniges Gefühl, quasi durch einen Canyon zu fahren – auch wenn der verhältnismäßig klein war und noch nicht mal einen richtigen Namen hatte. Der Fluss wurde mit jedem Meter breiter, ehe er sich zu einem riesigen See entfaltete. Und so rollte ich auf dem noch ganz frischen Asphalt zwischen Wasser, hellen Stränden und steilen Felswänden dahin. Die Ausblicke waren der Wahnsinn. Fast jeden Kilometer gab es hier auch öffentliche Rast- und Campingplätze, sogenannte „Recreation Sites“. Auch ein paar Boote waren auf dem Wasser unterwegs.

Lange Baustelle

Der Asphalt war aber nicht an allen Stellen neu: Auf einem langen Streckenabschnitt wurde er gerade erst erneuert. Ich musste mit meinem Rad also durch eine etwa drei Kilometer lange Baustelle radeln. Natürlich fing der Wind genau jetzt an, wieder zum starken Gegenwind zu werden. Dazu ging es meist bergauf. Ich schaffte es wie erwartet nicht, mit der Kolonne an Autos und Trucks mitzuhalten und wurde mitten in der Baustelle von einem Bauarbeiter dann gebeten, kurz anzuhalten. Dann entschied er sich doch anders und meinte netterweise, dass ich zwischen den Hütchen und frischem Asphalt dem Gegenverkehr entgegenfahren könnte. Glück gehabt – und jetzt ging es auch etwas entspannter durch den Rest der Baustelle. Wenn auch leicht benebelt vom Teer-Gestank.

Ein Straßenschild wies extra darauf hin, dieses Motiv festzuhalten. Hat sich gelohnt!
Ein Straßenschild wies extra darauf hin, dieses Motiv festzuhalten. Hat sich gelohnt!

Auf und ab, und immer im Wind

Hinter Sapinero begann dann der erste längere Anstieg des Tages. Der Gegenwind machte das Klettern leider nicht gerade leichter. Das einzig positive waren die belohnenden Ausblicke über die Gegend, die mit jedem Höhenmeter schöner wurden. Selbst als es dann für ein kurzes Stück wieder bergab ging, musste ich wieder hart in die Pedale treten. Dafür sah ich jetzt für ein kurzes Stück mal etwas mehr Bäume auf einem Fleck – das sollte aber auch eine Ausnahme für den Tag bleiben. Nach einem weiteren Anstieg folgte dann die etwas längere Abfahrt nach Cimarron. Bei fast 8% konnte ich endlich mal die Beine etwas ruhen lassen. Doch sobald der Abstieg wieder auf unter 4% abflachte, machte der Wind einem wieder einen Strich durch die Rechnung.

Ein letzter Anstieg

In Cimarron legte ich deshalb erst einmal eine Pause ein – am Straßenrand, denn neben einem verlassenen Motel, einer Poststation und einer Tankstelle (die laut Schildern gleichzeitig auch eine Buchhandlung, Souvenirshop, Stein-Fachhandel und Lebensmittelgeschäft war) gab es hier nichts. Kräfte sammeln für den letzten Anstieg des Tages. An dieser Stelle war ich sehr froh, mich dafür entschieden zu haben, nicht wie ursprünglich geplant bis Ridgway zu fahren. Und gleichzeitig überlegte ich mir, auch die nächsten Tage in gleicher Form angehen zu wollen. Immerhin bin ich sehr gut im Zeitplan. Meinem Host in Dolores schrieb ich deshalb auch direkt, dass ich statt Donnerstag erst am Freitag ankommen würde. Dann ging es wieder in den Sattel und zum Cerro Summit hoch.

Zur Abwechslung mal ein bisschen Alpen-Feeling dank der Bäume und der Serpentine
Zur Abwechslung mal ein bisschen Alpen-Feeling dank der Bäume und der Serpentine

Mit der Ukulele durch die USA

Nach langen acht Kilometern konnte ich dann endlich wieder mal die Beine baumeln lassen. Fast sechs Kilometer lang war die Schwerkraft wieder auf meiner Seite. Und dann traf ich sogar noch einen anderen Radfahrer, der ebenfalls die USA durchquerte – allerdings von West nach Ost. Was hat der Glück, vom Wind den Berg hochgeschoben zu werden. Er war übrigens auf der kleinen Schwester meines Rades unterwegs – auf dem Trek 520 – und hatte auf seinem Gepäckträger nicht nur ein Solarpanel, sondern auch eine Ukulele. Die nahm eigentlich auch den meisten Platz auf dem Rad ein. Warum hab ich mein Keyboard nicht dabei? Nach ein paar ausgetauschten Infos und Geschichten ging es für mich dann weiter auf die letzten Kilometer nach Montrose. Bergab, aber wieder einmal im harten Kampf mit dem Wind.

Eine Wohnung für mich

Endlich in Montrose angekommen, musste ich erst einmal meine Armlinge ausziehen. Verglichen mit den erst vor wenigen Minuten überquerten Bergen war hier plötzlich Hochsommer. Kurzer Abstecher zum Supermarkt und dann ab zu meinem Host. Wie sich herausstellte, wohnen er und seine Frau gar nicht in dem Haus, sondern vermieten es nur. Im Keller allerdings haben sie eine Reserve-Wohnung, in der ich auf den Sohn der beiden traf. Er führte mich kurz ein und verschwand dann nach ein paar Runden vor der Spielekonsole auch recht schnell, so dass ich gar nicht meine Haribo als Mitbringsel loswerden konnte. Jetzt habe ich also eine komplette Wohnung für mich alleine – den Luxus genieße ich noch etwas, denn für morgen ist noch keine Unterkunft in Aussicht.

Badehose gesucht

Nach Dolores sind es noch 200 Kilometer, das würde ich definitiv nicht an einem Tag packen – immerhin muss ich morgen den Lizard Head Pass überqueren und dabei wieder einige Anstiege bewältigen – deshalb habe ich ja wie geschrieben meinem Host auch meine spätere Ankunft mitgeteilt. Ich gucke mal, wie weit ich komme. Schaffe ich es morgen über den Pass, gäbe es in Rico ein günstiges Hostel. Außerdem soll es dort heiße Quellen geben. Ich habe heute schon einmal nach Badehosen geguckt, aber leider keinen Laden gefunden. So langsam sollte ich mir eine zulegen, denn seit ein paar Tagen scheinen selbst die billigen Motels alle einen Pool zu haben.

Die Etappe auf Strava

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