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Langstrecke Max

Spreewaldmarathon Virtuell – dieses Mal aber richtig

Bereits letztes Jahr bin ich einmal einen eigenen Spreewaldmarathon gefahren. Dieses Jahr habe ich das ganz offiziell im Rahmen des „virtuellen Spreewaldmarathons“ wiederholt und bin dabei sogar die offizielle 200er-Strecke abgefahren – inklusive An- und Abreise per Rad.

Der Spreewaldmarathon war letztes Jahr wohl eins der ersten Events, die wegen Corona ausfallen mussten. Da war alles noch ganz frisch, wir im ersten Lockdown und keiner wusste, wie lange das noch andauern wird. Ich bin entsprechend meinen eigenen kleinen Ersatzverkehr gefahren und habe zurecht die Kritik bekommen, dass ich ja gar nicht wirklich im Spreewald war. Das wollte ich dieses Jahr besser machen. Jetzt sogar ganz offiziell: Ich hatte meine Anmeldung für 2020 einfach für den „Spreewaldmarathon virtuell“ umgemeldet. Zwar darf man die gebuchte Distanz dafür fahren, wo man möchte. Ich hielt es jedoch nur für korrekt, wenn ich die Originalstrecke abfahre. Dafür habe ich schließlich bezahlt!

Für meine persönliche Austragung des Events suchte ich mir direkt den wärmsten Tag des März aus. Bei angesagten 20 Grad konnte man ja gar nicht anders, als Rad zu fahren. Und je mehr, desto besser: Also reiste ich natürlich auch per Rad zum offiziellen Track. Da ich Züge seit Corona meide, stand das für mich gar nicht zur Debatte. Und so konnte man immerhin schon warmgefahren auf den 200-Kilometer-Kurs starten.

Der frühe Vogel fängt: Mondenschein, Nebel, viele Rehe und vor allem kalte Finger

Doch womit ich natürlich mal wieder nicht gerechnet habe: Auch ein warmer Märztag startet recht kühl. Um kurz nach fünf Uhr rollte ich vom Hof, zwar eingepackt in Bein- und Armlinge sowie Windjacke, aber für die Handschuhe war ich mal wieder zu geizig. Kaum aus der Stadt, froren die Finger. Und es wurde nur noch schlimmer: Bis Baruth sank die Temperatur von den noch „warmen“ 5 Grad gen 0 Grad. Erinnerungen an den kalten Morgen der Parallels-Challenge kamen hoch. Und wie man weiß: Selbst nach Sonnenaufgang wird es erst noch einmal frischer. Mittlerweile fror der ganze Körper, so richtig warmtreten konnte ich mich noch nicht. Ein Planungs-Fauxpas, der mich hinter Glienick auf eine Schotterpiste schickte, half da nicht gerade. Dafür sollte es ein kurzer Bäcker-Stopp in Sperenberg richten. Immerhin die Laune stieg mit dem frischen und noch warmen Splitterbrötchen auf die Hand.

Um das Glas halb voll zu sehen: Ich wurde mit einem wunderschönen Sonnenaufgang belohnt. Und während die Sonne zur Linken auf- und der Mond zur Rechten unterging (wir kennen es alle aus Minecraft), tauchte Brandenburg in wunderschönstes Licht und es dauerte nicht mehr lange, eh die ersten auch wirklich wärmenden Strahlen wieder Gefühl in die Finger zurückbrachten. Gleichzeitig begann auch die Strecke, wieder interessant zu werden. Kurz hinterm schönen Museumsdorf Glashütte bog ich auf mir noch unbekannte und komplett leere Straßen ab, zog an der Rennstrecke Spreewaldring vorbei.

Endlich ein paar wärmende Sonnenstrahlen

Irgendwo hier müsste ich nun auch langsam auf den offiziellen Track des Spreewaldmarathons einbiegen. Zu blöd, dass ich mir nicht gemerkt habe, wo. Schön war es aber trotzdem bereits. Schneller als gedacht kam ich dann auch nach Lübben, das ich dieses Mal auf einer kleinen Ausweichstrecke umfuhr. Hier gelangte ich nun zu dem Punkt, wo sich sonst die Startlinie für die 200er-Strecke befunden hätte. Spätestens jetzt bin ich also sicher auf der Strecke, die mich in den folgenden Kilometern nicht enttäuschte. Ich folgte erst dem Radweg auf dem Deich der Spree, der letztes Jahr der Wendepunkt meiner Tour im Spreewald war. Jetzt ging es aber so richtig in den Spreewald. Erstmals also auch mit dem Rad nach Lübbenau, der eigentlichen Hauptstadt des Spreewalds, wie ich gelernt habe.

Heute mit neuer Begleitung: Die Lenkertasche von Jo machte sich perfekt und schluckte meine Bekleidung und natürlich viele Snacks

Etwas untypisch für Spreewald-Verhältnisse ging es hinter der Gurkenstadt dann ganz schön hoch hinaus. Der Anstieg forderte, die Sonne brannte und ich wollte endlich mal eine Pause machen, um mich der Bein- und Armlinge zu entledigen. Doch seit Kilometern gab es keine Bank. Jetzt kletterte ich das Ufer des Bischdorfer Sees hoch und dachte mir, dass spätestens hier bei diesen schönen Ausblicken auf den ehemaligen Tagebau irgendwo eine Pausenstelle kommen müsste. Doch selbst auf dem Gipfel war außer einem Wegweiser nichts zu sehen, dann musste der jetzt eben herhalten. Die Arm- und Beinlinge fanden übrigens genau wie mein Proviant, Powerbank und Lampen Platz in meiner neuen Lenkertasche von Jo, die sich am Ultimate super machte. So viel Platz hatte ich in meinem Handschuhfach noch nie und spacig aussehen tut sie dazu auch noch.

Auf der Suche nach einem Pausenplatz erfolglos geblieben: Der höchste Punkt am Ufer des Bischdorfer Sees musste trotzdem herhalten

Eine rasante Abfahrt brachte mich nun zurück in den Spreewald. Je näher ich mich Burg näherte, umso mehr verschwand ich im System der vielen Kanäle und Brücken, das machte unglaublich Spaß und war einfach eine wunderschöne Kulisse – wie ich jetzt merkte: Nicht nur vom Paddelboot, sondern auch vom Fahrrad. Hier gefiel es mir so gut, dass ich direkt noch eine Pause einlegte. Schade, dass keine Boote vorbeikamen. Überhaupt kamen mir bisher an diesem sehr sonnigen Tag unerwartet wenig andere Leute entgegen, weder auf dem Rad, noch in einem Spreewald-Kahn oder zu Fuß. Nur genau hier huschte plötzlich hinter mir ein Inflite-Fahrer durch die Kanallandschaft.

Umso überraschter war ich vom plötzlichen Menschenrummel in Burg. Plötzlich überall Autos, Radfahrer, Fußgänger, und davon nicht zu wenig. Eigentlich wollte ich hier meine Vorräte wieder aufstocken, aber gleichzeitig hatte ich keine Lust auf Menschen. Also fix weitergeradelt und die schönen Radwege hinter Burg genossen. In Fehrow fand ich dann glücklicherweise einen Friedhof, dessen Wasserhahn direkt an einen Hydranten angeschlossen war. Leider war es das vorerst mit den Highlights. Es folgten zwölf Kilometer lange langweilige Straße bis zum nächsten Abzweig. Doch der brachte nicht Abwechslung, sondern noch mehr Einöde und Autos auf der B168. An dieser Stelle war die offizielle Strecke wirklich nicht schön und ich fragte mich, warum ich nicht abgekürzt habe.

Kein Coco-Jambo, dafür Papaya-Straciatella-Karamell-Jambo

Natürlich blieb es trotzdem nicht langweilig, zu dicht überholende Autos oder überholende Autos im Gegenverkehr waren die eher unerwünschten Muntermacher, aber dann gab es da noch etwas anderes: Links und rechts der Straße sah es plötzlich aus, als wäre ich im tiefsten Arizona in der Gegend um den Grand Canyon. Sand, wenig Pflanzen und wenn nur trockene Nadelgehölze. Es roch auch genau wie am Grand Canyon. Da war es nicht überraschend, dass mich Schilder plötzlich darauf hinwiesen, dass ich mich hier gerade zwischen Lieberoser Endmoräne und Lieberoser Wüste befand, der größten Wüste Deutschlands. Natürlich liegt die in Brandenburg. Pause machen wollte ich hier aber trotzdem nicht, denn für alles abseits der geteerten Straße waren meine Rennradschuhe hier nicht geeignet.

Die Pause gönnte ich mir dafür in Lieberose selbst, das mich mit seinem netten Marktplatz direkt überzeugt hat. Noch mehr überzeugt hat mich das Eiscafé, wo ich mir auch direkt vier Kugeln gönnte, die ich direkt in der Sonne brutzelnd vernaschte und mir erhoffte, dass sie den mittlerweile bitter nötigen Energieschub brachten. Meine Beine fühlten sich schon ganz schön leer an, dabei waren die 200 noch gar nicht voll und der Wind wehte gefühlt auch immer von vorne. Eher langsam und mühselig radelte ich wieder los, dafür auf einen der bisher schönsten Abschnitte. Entspannt fast autofrei durch Wälder, Felder und kleine Dörfer, immer ein wenig bergauf und bergab. Selbst ein kurzes Stück Bundesstraße störte mich hier gerade nicht.

Dieses Dixi-Klo wurde ungewollt zu einem meiner Highlights auf dieser Runde

Die Strecke nahm jetzt auch noch einmal alle Himmelsrichtungen mit und bog zurück in Richtung Spreewald ab. Egal wohin ich fuhr, es war immer Lübben ausgeschildert. Aber dorthin wollte ich ja nicht noch einmal zurück. Dafür brachte mich die Route in kleinste Dörfer, die alle mit ihrem eigenen Spreewaldhafen warben. Einfach nur schön! Trotzdem blieben die Beine müde und ich wünschte mir, irgendwie mehr zu essen. Doch das klappte nicht so ganz, denn der Bauch brauchte erst einmal mehr Platz. Eine geöffnete Toilette konnte man hier leider nirgendwo finden, Corona war da leider keine Hilfe. Wie durch ein Wunder stand dann plötzlich an einem Ortsausgang ein Dixi-Klo. Meine Gebete wurden erhört und eins der Leiden der Langstrecke beseitigt.

Jetzt eröffnete ich das Buffet der Nuss-Mischung in meiner Lenkertasche, das war ziemlich praktisch. Während der Fahrt snacken, was für ein Luxus! Dazu endlich mal auch fühlbarer Rückenwind. Von den Beinen kam trotzdem weiterhin eine „Akku bald aufgebraucht“-Warnung, die Nüsse allein taten also noch nicht ihren Dienst. So schön die Umgebung hier ist, so wenig ist sie leider auch besiedelt, und mit Glück fand ich den einzigen Supermarkt im Umkreis dann in Neu-Lübbenau. Mit Convenience-Veggie-Pizza vom SB-Back-Regal und Pepsi gab’s nun Edeka-Romantik.

Edeka-Romantik, 2021, koloriert

Das wirkte nun Wunder: So langsam kehrte Kraft zurück in die Beine und ich konnte die wirklich schöne Strecke zwischen Groß Wasserburg und Märkisch Buchholz vorbei an einem Pferdehof richtig genießen. Hier war ich jetzt auch wieder auf meiner Strecke vom letzten Jahr, damals war ich hier aber schon wieder recht grau und hab gar nicht mehr so viel mitbekommen. Jetzt dafür umso mehr. Teupitz dann auf einer für mich neuen Strecke umfahren und schneller als gedacht fand ich mich in heimischen Gefilden wieder, in Motzen konnte ich endlich die 300 voll machen. Jetzt lag der Spreewald wirklich hinter mir und das Ende in greifbarer Nähe. Blöderweise setzte genau jetzt der Energieschub der letzten Edeka-Pause ein. Mit voller Power in den Pedalen ging es jetzt noch einmal vorbei am BER und auf die Zielgerade. Hier noch mal fix ein paar Rennradler überholt, die werden sich auf ihrem Flyby schön wundern.

Noch im Hellen rollte ich wieder auf den Hof, das ging dann doch ganz schön fix. Was für ein schöner Tag auf dem Rad! Was kalt und frierend anfing wurde dann zwischendurch richtig sommerlich warm. Sonnenbrand natürlich inklusive (ich lerne einfach nicht dazu). Und die goldene Gurke, die schon Anfang der Woche im Briefkasten lag und deutliche Motivation für diese Runde war, durfte nun auch endlich ganz offiziell umgelegt und getragen werden.

Die Tour auf Strava und auf Komoot

6 Antworten auf „Spreewaldmarathon Virtuell – dieses Mal aber richtig“

Moin Max, habe gerade beim stöbern Deinen Artikel gefunden. Super geschrieben und Danke für den Komoot Track, kann man ja mal nach fahren ;-)

Gruß, Ray.

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